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Soll die Stempelmanie unsere Lebensmittel wirklich retten ??

  • reinerwechs
  • 24. Feb. 2022
  • 4 Min. Lesezeit

Von Kind auf bin ich mit der Verarbeitung von Milch schon über Generationen infiziert.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wo man auf den Milchflaschen für jeden Abfülltag einen anders farbigen Deckel verwendet hat um genau die frsiche bei der begrenzten Haltbarkeit zu erkennen.

Im Laufe der Jahre wurde die Hygiene von der Gewinnung bis zur Verarbeitung immer besser - die traditionelle past. Frischmilch hat mittlerweile eine Haltbarkeit von gut 12 Tagen erreicht.

Gleichzeitig wurden mit neuen Technologien das Ausgangsprodukt immer mehr verändert - es entstand die UHT-Milch (H-Milch) ausserhalb der Kühlkette lagerbar und später die länger haltbare Frischmilch

mit verschiedenen Produktionsmethoden. Dadurch war es möglich die Milch ohne Problem durch die Welt zu transportieren und dies führte aber auf der anderen Seite zur Veränderung der Produktionsstruktur.

Die kleinen Molkereien aber auch Bäckereien und Metzgereien mit der trad. Aufgabe der regionalen Versorgung waren nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben und mussten schliessen.

Mit dem Drang immer alles länger haltbar und dabei auch günstiger herzustellen, entstand ein teilweise ruinöser Wettbewerb der immer mehr zu Lasten der Qualität und hier vor allem des natürlichen Geschmackes ging.


Anfang der 70 er Jahre hat damals, mit ein paar Landwirten, mein Vater in der Molkerei Schrozberg als

GF , die nach Demeterrichtlinien Ihre MIlch gewonnen haben die erste Frischprodukte hergestellt und in

Stuttgart verkauft. Anfangs waren das noch sehr kleine Mengen, die ich auch in meinen Semesterferien verarbeiten durfte.

Als junger 68 er Spund dachte ich damals , was ist das denn ? " der Alte spinnt" und wurde auch damals von der konventionellen Landwirten ziemlich angefeindet. Allerdings habe selbst ich von damals immer noch den unterschiedlichen Geschmack von der Sauerrahmbutter im Hinterkopf.

Jetzt nach über 50 Jahren gehört die Molkerei Schrozberg zu den größten Demetermilchverabeiter in Europa und hat damit auch sein überleben in der Landschaft der Großmolkereien gesichert.


Aber was will ich damit eigentlich sagen !?

Damals war die Entwicklung einer alternativen (eigentlich natürlichen) Landwirtschaft auf die jeweilige Region bezogen. Man wusste wo die Produkte herkamen und wer Sie produziert bzw. angebaut hat.

Die sich daraus entwickelten Gütesiegel wie Bioland, Demeter, Naturland waren überschaubar und nachvollziehbar.

Doch jetzt begann der Teufelskreis der sog. Qualitätsbeauftragten und Zertifizierer. Diese haben sich zu einem Staat im Staat entwickelt. Ohne Ihre Zustimmung geht gar nichts mehr.

Die Folge war und ist eine Vereinheitlichung des Geschmacks und auch Verlängerung der Haltbarkeit

unter Verwendung der ganzen Tricks der Lebensmittelindustrie.

Die individuelle Kreativität und damit verbundenen natürlichen Geschmacksvielfalt wird immer mehr zurückgedrängt.

Dazu kommt allerdings auch, dass die sog. Bioprodukte mittlerweile aus der ganzen Welt angeboten werden --natürlich auch vor Ort mit den deutschen QS-beaufgtragten zertifiziert.

( und wieder hat sich die Anzahl der Zertifizierer erhöht und damit auch der Reisetourismus - ein Schelm

wer dabei was böses denkt.)


Wir brauchen wieder eine verstärkte regionale nachhaltige Aktzeptanz und damit verbundene Hervorhebung der handwerklichen natürlichen Produktionen.

Keine bürokratische Belastung der Produzenten, dafür aber ein offener für jeden nachfolgbarer durchgängiger Herstellungsprozess ohne große schriftliche Dokumentationen.

(Papier ist geduldig und wird selten !!! gegessen)


Mein Vorschlag: Wenn schon eine Art Zertifizierung sein muss, dann macht nur Regional, bzw. Bio-regional, alles andere ist dann ein anderer Standard - Eu-Zeichen reicht aus - ev. noch ein Zeichen für ausserhalb der EU hergestellte Waren.

Zur Zeit hat man das Gefühl, dass bewußt immer mehr Stempel auf den Verpackungen angebracht werden, damit im endeffekt keiner mehr sich dafür interessiert.

Mit der Angabe der Nährwerte kann ich ja noch leben - aber müssen wir den Verbraucher also "uns" immer mehr für doof verkaufen - wir wissen doch selbst ob was Gesund ist oder nicht und wenn ich

eine Fertigpizza essen will, dann esse ich die - habe ja auch keine Ahnung wo z.B. der Pizzabäcker seine Zutaten her hat.

Der Landwirt muss seinen Boden bearbeiten,eine gesunde Futtergrundlage für seine Tiere zur Verfügung stellen, seine Tiere gesund und nachhaltig halten,seine Produkte veredeln, vermarkten und dann noch jeden Arbeitsgang schriftlich dokumentieren !!!,

das ist gar nicht machbar und zwingt sicherlich öfters zu Luftnummern - aber der Zertifizierer ist abgesichert.

Ein Landwirt in einem Grünlandgebiert, der sich Bio zertifizieren sollte, hat mir mal gesagt,

schau Dich um dann hast Du genug Bio und weist wo die MIlch her kommt.

Ein gutes Beispiel ist hier z.B. die Schweiz - da gibt es Bio-Suisse (www.Bio-Suisse.ch) und wenn mehr als

10 % der Inhaltsstoffe darin aus dem Ausland kommen - steht nur Bio drauf.


Fazit: Zur Unterstützung einer nachhaltigen regionalen gläsernen Lebensmittelerzeugung sollten

wir den undurchschaubaren Dschungel der Stempelmanie wieder erheblich reduzieren und

vereinfacht für den Käufer erkennbar sein. Es reicht regional (50 km), und das Eu-

Zeichen mit einer Bio-Variante sowie die Nährwertkennzeichnung, damit verbunden auch

den bürokratischen Aufwand der Dokumentationen.


Ich bin mir sicher, dass über diesen Artikel viel diskutiert werden kann, aber es muss wieder unbedingt

ein Rückwärtsgang in der ganzen Dokumentation und Zertifiezrungsmanie erfolgen. Wir sind ja jetzt

schon soweit, dass vor lauter Dokumentationen keiner mehr Entscheidungen trifft und oft dabei sogar der Kunde vergessen wird - nach dem Motto Hauptsache dokumetiert und dadurch abgesichert.

Das verrückte ist - ich kann Mist produzieren - muss dies allerdings dokumentieren dann ist alles i.O.

Siehe die Kennzeichnungen auf den verschiedenen Fertigpackungen bzw. normalen Produkten


Reiner Wechs



 
 
 

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RheingauAffineur_DSC_6216.jpg

Hi, danke fürs Vorbeischauen!

Alles rund um die Milch und den Käse ist mein Leben - Urgroßvater schon Käser, Vater vor über 45 Jahre - Schrozberger Demetermilchverabeitung gestartet. Ich selbst mit 16 Jahren das Käsehandwerk im Allgäu gelernt, viele Stationen, Milch- und Molkereiwirtschaft studiert (Dipl-Ing.) über 30 Jahre in größeren Molkereibetrieben verantwortlich tätig.

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